Was ist Schimmel?
Schimmel ist eines der erfolgreichsten Geschöpfe der Evolution. Der extreme Artenreichtum (etwa 150 000 verschiede Arten) führt dazu, dass Schimmelpilze fast überall auf der Erde einen für sich passenden Lebensraum finden. Es gibt Schimmelarten die extrem hitze- oder kältetolerant sind. Andere kommen mit sehr wenig Feuchtigkeit aus oder zeigen eine hohe Toleranz, was das Nährstoffangebot angeht.
Warum ist eine Analyse sinnvoll?
Erhöhte Schimmelkonzentrationen im Innenraum stellen eine Gefährdung der Gesundheit dar, da das Immunsystem mit zunehmender Exposition stärker belastet wird. Es gilt also das Ausmaß des Schadens festzustellen oder Innenraumquellen aufzuspüren, auch wenn sich diese verdeckt z.B. im Fußbodenaufbau oder hinter Schränken ausbreiten. Nur wenn diese exakt bestimmt sind, können zielgerichtet Abhilfemaßnahmen ergriffen werden. Nur durch eine Analyse der Schimmelarten können sinnvolle Empfehlungen zum Arbeitsschutz gegeben werden. Wenn vorher das Ausmaß des Schadens nicht erfasst wurde, ist eine Kontrolle der Arbeiten oft nicht mehr möglich.
Schimmel in der Geschichte
Schimmel ist seit vielen Tausend Jahren ein fester Bestandteil in der Geschichte des Menschen.
Obwohl der Mensch erst in der Zeit um 1680 in die Welt der Mikroorganismen vordrang, als Beispiel sei der Niederländer Antonie van Leeuwenhoek genannt, war er sich schon weit vorher über die Existenz und teilweise auch die Wirkung von Schimmelpilzen bewusst. Bereits im Alten Testament wurde der mikrobielle Befall eines Hauses und die entsprechende Sanierung thematisiert.
Die Vorgehensweise der Sanierung hat sich ihrem Prinzip nach über Tausende von Jahren nicht geändert und auch heute entspricht die Vorgehensweise – etwas modifiziert – den Handlungsempfehlungen des Umweltbundesamts oder des LGA Baden Württemberg, wenn auch die Art der Bewertung erheblich differenzierter erfolgt.
Durch das Mittelalter bis hin zur Neuzeit ziehen sich Berichte über Vergiftungen mit Pilzen, damals sehr oft Mutterkorn. Im Jahre 857 starben in der Gegend von Limoges (Frankreich) über 40 000 Menschen an einer Mykotoxinvergiftung, damals als heiliges Feuer, St. Antonius-Feuer oder Kribbelkrankheit bezeichnet, was auf eine Schädigung des zentralen Nervensystems hinweist.
Schimmel und Gesundheit
Allergien
Die Sporen und Zellteile eines jeden Schimmelpilzes werden als allergen eingestuft (wenn auch ein gradueller Unterschied von Art zu Art besteht). Da die Pilze an der Wand bei jedem Luftzug Tausende von Sporen an die Luft abgeben und sich im allgemeinen Hausstaub anreichern, geht von ihnen eine besondere Gefährdung aus. Schimmelpilzhaltige Stäube wirken sensibilisierend. Je länger man damit in Kontakt ist, desto wahrscheinlicher wird eine allergische Reaktion.
Systemische Mykosen
Als Mykosen bezeichnet man den Befall von Organen mit Schimmelpilzen. Der Pilz hat in der Natur die Aufgabe, Altes und Abgestorbenes zu verdauen, zu „recyceln“ und dadurch für neues Leben zugänglich zu machen. Wenn die Pilzsporen im Körper, wo naturgemäß gute Wachstumsbedingungen herrschen, auf vorgeschädigtes Gewebe stoßen (infolge einer Lungenentzündung, Mittelohrentzündung, Nebenhöhleninfektion etc.) und das Immunsystem mit der Belastung nicht gut genug zurechtkommt, nimmt der Pilz seine ursprüngliche Aufgabe auf. Dieses Krankheitsbild tritt glücklicherweise selten auf, stellt aber eine gewisse Gefahr dar, da es schlecht therapierbar ist und normalerweise mit einem erheblichen Verlust an Lebensqualität einhergeht. Kinder, Alte und Personen mit Vorschäden sind stärker gefährdet.
Mykotoxikosen
Um sich in der Umwelt erfolgreich zu behaupten, entwickeln Schimmelpilze starke Toxine, die vor allem an der Hülle der Sporen zu finden sind. Das bekannteste Mykotoxin ist das Aflatoxin, das Toxin des Pilzes Aspergillus flavus, das seit dem großen Truthahnsterben in Großbritannien zu einem gewissen Bekanntheitsgrad gelangt ist und eindeutig auch beim Menschen leberschädigende und kanzerogene Wirkung besitzt. Auch andere Pilze aus der Gattung Penicillium und Aspergillus produzieren für den Menschen relevante Gifte. Die Konzentration an Mykotoxinen in der Luft stellt für gesunde Erwachsene normalerweise keine Gefahr dar, bei kleinen Kindern, alten und durch Krankheit geschwächten Personen scheint allerdings eine gewisse Vorsorge angebracht.
Die Beurteilung des Schadensausmaßes ist schwierig, da keine feste Dosis-Wirkung-Beziehung besteht.
Das Umweltbundesamt und das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg haben für die Bewertung allgemein anerkannte Richtlinien veröffentlicht, die sich größtenteils mit den Empfehlungen der WHO sowie den baubiologischen Richtwerten decken und dem Vorsorgegedanken Rechnung tragen.
Schimmelanalyse
Wie wird analysiert?
Schimmelschäden werden einerseits nach Schimmelart, andererseits nach Größe des Befalls eingeteilt. Die Einteilung richtet sich nach den Kriterien des Umweltbundesamtes, die sich mit den baubiologischen Richtwerten (SBM 2008) weitgehend decken. Die Art eines Schimmelpilzes kann nur im Fachlabor bestimmt werden. Vor Ort ist eine Bestimmung (ohne Mikroskop) grundsätzlich unmöglich. Entsprechend ist auch eine gewisse Skepsis angebracht, wenn ein sogenannter Fachmann vor Ort die Schimmel ‑art sofort erkennt und mit lateinischen Namen um sich wirft.
Raumluftanalyse
Dies ist die häufigste Methode zur Abschätzung einer Belastungssituation. Dabei wird eine gewisse Menge Luft (z.B. 100l) über einen Nährboden gesaugt. Die festen Bestandteile und damit auch Schimmelbestandteile werden auf dem Nährboden abgeschieden und können im Labor kultiviert und bestimmt werden. Man verwendet immer zwei verschiedene Nährböden, da jeder Schimmelpilz seine eigenen Ernährungsgewohnheiten hat.
Eine Gesamtsporensammlung dient zur Analyse der auf Nährböden nicht anzüchtbaren Pilze (z.B. Stachybotris). Dabei wird der Nährboden durch einen Objektträger ersetzt, der im Labor lichtmikroskopisch ausgewertet werden kann.
Die Bewertung erfolgt immer durch eine Referenzprobe der Außenluft. Unterscheiden sich die Innenraumkeime von der Außenluft, ist je nach Auffälligkeit eine Innenraumquelle wahrscheinlich bzw. liegt eine mehr oder weniger starke Belastung vor.
Material- und Klebefilmprobe
Ist ein Schimmelbefall sichtbar und ein verdeckter Schaden ausgeschlossen, kann eine Luftanalyse unnötig sein. Material oder ein Klebefilm wird direkt im Labor ausgewertet.
Andere Untersuchungsarten sind Bohrkernproben und Staubanalysen etc. Die Notwendigkeit hängt von den individuellen Gegebenheiten ab.
Schnelltests etc.
Es werden von unterschiedlichen Institutionen Tests zur Selbstbestimmung / Auswertung von Schimmelpilzen angeboten. Der Sinn hat sich uns noch nicht erschlossen, da der Kunde in der Regel nach wie vor im Regen steht bzw. hinterher doch ein Sachverständiger hinzugezogen werden muss.
Schimmelsanierung
Sanierung
Wichtig ist auch hier, von Anfang an klar einen gewissen Rahmen abzustecken. Kleine Schäden können oft durch Eigenleistung beseitigt werden. Ist dies aus gesundheitlichen Gründen nicht angebracht oder ist der Schaden größer, sollte eine Fachfirma hinzugezogen werden. Die Fachfirma sorgt zuverlässig dafür, dass der übrige Wohnraum nicht kontaminiert oder sonst wie in Mitleidenschaft gezogen wird. Dazu wird der Arbeitsbereich mit geeigneten Mitteln vom Wohnraum abgeschottet. Das pilzhaltige Material wird über Fenster o.Ä. nach draußen befördert. Danach wird der Arbeitsbereich mit Hochleistungssaugern (mit entsprechenden Filtern) abgesaugt und desinfiziert. Zur Desinfektion dienen Wasserstoffperoxid oder Alkohol. Mittel die Chlor oder sonstige gesundheitlich bedenkliche Stoffe enthalten, sind für den Wohnraum abzulehnen. Währenddessen laufen Luftfilter im Arbeitsbereich und im Wohnbereich, die die Sporenbelastung in der Luft minimieren. Nach Abschluss der Sanierung wird der Erfolg mit einer Messung überprüft. Dieser Aufwand wird oft gescheut, was meist ein unbefriedigendes Ergebnis zur Folge hat.
Welcher Aufwand nötig ist, um die Sanierung mit Erfolg durchzuführen, sollte von einem unabhängigen Sachverständigen (Baubiologen) ermittelt werden.
Schimmel und Lüftung
Lüftung?
Der Mensch atmet, kocht, duscht und wäscht die Wäsche. So reichert sich die Raumluft mit Feuchtigkeit an. Die Luft kann je nach Temperatur unterschiedlich viel Wasser aufnehmen. Im Sommer bei 30°C und 60% relative Feuchte enthält 1m³ Luft etwa 18g Wasser. Im Winter bei ‑2°C und 95% relative Luftfeuchte enthält 1m³ Luft nur knapp 4g Wasser, obwohl sie als nass-kalt empfunden wird. Im Winter ist Lüften also ein wirksames Mittel, um die Raumluftfeuchte zu reduzieren. Sinnvoll ist ein schneller Austausch des Luftvolumens, ohne die Oberflächen des Raumes dabei auszukühlen. D.h. für etwa 3–4 Minuten ein Fenster weit öffnen und danach wieder schließen (das sogenannte Stoßlüften). Je nach Raumnutzung und Raumbelegung sind unterschiedliche Intervalle erforderlich. Hilfreich ist hier ein sogenanntes Thermo-Hygrometer (bei einem großen bekannten Bücher-Versandhandel gibt es geeignete Geräte ab 12,- Euro). Erhöht sich die Raumluftfeuchte über einen angestrebten Wert (siehe unten), ist eine Lüftung sinnvoll.
Lüftung im Neubau
Da hier die Oberflächentemperaturen auf Grund des Dämmniveaus relativ hoch sind, kann auch die Luftfeuchte etwas höher gehalten werden als in einem Altbau. Je nach Bausubstanz sind hier Luftfeuchtewerte bis 60% relative Feuchte möglich. Da die Fenster im Neubau meist extrem dicht verbaut werden, um Heizenergie zu sparen, sind diese Werte allerdings oft schnell erreicht. Hilfreich kann es sein, in den Räumen, die am meisten genutzt werden (Schlafzimmer, Kinderzimmer, Wohnzimmer), eine dezentrale Zwangslüftung mit Wärmerückgewinnung einzubauen oder sich für eine zentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung zu entscheiden.
Lüftung im Altbau
Im Altbau liegen die Oberflächentemperaturen gerade in den Raumecken und ‑kanten im Vergleich zu einem Neubau oder sanierten Altbau niedrig. Die warme feuchte Luft aus der Raummitte kühlt sich an den Außenwänden ab, die relative Feuchte der Luft steigt an. Ab etwa 80% relative Feuchte an der Wandoberfläche ist Schimmelbildung möglich.
Je nach Bausubstanz kommt es bereits ab etwa 45% relative Feuchte in den Räumen zu kritischen Werten in den Raumecken und damit zu Schimmelbildung.
Werden in Altbauten Fenster ausgetauscht ohne gleichzeitig die Fassadenflächen zu dämmen, sind Feuchte und Schimmelschäden nahezu sicher. Neue Fenster müssen dicht eingebaut werden, der vorher vorhandene Luftwechsel wird stark eingeschränkt, die Feuchte kann durch manuelles Lüften kaum mehr auf die eigentlich erforderlichen Werte von z.B. 45% gebracht werden.